Marktumfeld
Bauwerke werden mit dem Ziel erstellt, für eine sehr lange Nutzungsdauer zu Verfügung zu stehen. Dies verpflichtet zu einem vorausschauenden Planen, Denken und Handeln. Der Schluss liegt daher nahe, dass der Bausektor auch für langfristig ausgerichtete Investorengruppen von Interesse ist, wird doch die grundsätzliche Nach- frage nach seinen Leistungen nicht versiegen. Man muss jedoch nicht Jahrhunderte im Blick haben, um dem Bausektor etwas abzugewinnen – die nachfolgenden vier Trends machen ihn auch bereits für die laufende Dekade attraktiv:
Trend 1 – Urbanisierung/Bevölkerungswachstum: Bis zum Jahr 2050 werden laut den Vereinten Nationen (UN) 68 % der globalen Bevölkerung in Städten leben – eine Erhöhung der städtischen Einwohnerzahl um 2,4 Mrd. Menschen. Dieser Trend bringt auch einen höheren Bedarf an Infrastruktur mit sich. Ein Beispiel: Basierend auf dem Masterplan Schienenverkehr sind bis zum Jahr 2030 insgesamt € 86 Mrd. für den Erhalt der deutschen Bundesschienenwege und zusätzlich € 11 Mrd. für die Modernisierung und Erweiterung der Schieneninfrastruktur geplant. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht vor, den Schienengüterverkehr bis 2030 um 25 % zu steigern und die Verkehrsleistung im Personenverkehr zu verdoppelnZudem spricht der Koalitionsvertrag der Regierung nicht nur vom Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, sondern auch vom Start einer Bau- und Investitionsoffensive. In den fünf größten Märkten von STRABAG – neben den Heimatmärkten Deutschland und Österreich sind das Polen, Tschechien und Ungarn – prognostiziert Euroconstruct bis 2025 trotz des gegenwärtig herausfordernden Umfelds ein leichtes Wachstum der Bauleistung um 0,7 %. Betrachtet man den Tiefbau, auf den mehr als 60 % der Leistung von STRABAG entfallen, erhöht sich der Zuwachs zur Bauleistung im selben Zeitraum um 3,4 %.
Trend 2 – Klimawandel/Energieeffizienz: Die Europäische Union will im Rahmen des European Green Deal das ursprüngliche Reduktionsziel für die Treibhausgas- emissionen auf mindestens 55 % bis 2030 gegenüber dem Jahr 1990 erhöhen. In der EU sind Gebäude für ca. 40 % des Endenergieverbrauchs und 38 % der CO2-Emissionen verantwortlich. Nicht zuletzt deshalb verlangt die Auftraggeberschaft zunehmend eine Umstellung auch bestehender Bauwerke auf eine höhere Energieeffizienz und einen emissionsärmeren Betrieb. Um Ressourcen und Flächen zu schonen, wird Bauen im Bestand in Zukunft noch stärker an Bedeutung gewinnen Der Sektor hat bisher laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen wenig zur. vereinbarten Reduktion der Treibhausgasemissionen beigetragen. Neben umfassenden politischen Maßnahmen gelten in Zukunft auch die Digitalisierung sowie neue, umweltfreundliche Technologien als Treiber für die Energieeffizienz von Gebäuden.
Trend 3 – Technologie/Digitalisierung: Im Unterschied zu Branchen wie der Automobilindustrie oder auch der Konsumgüterindustrie ist der Digitalisierungsgrad des Bausektors noch gering. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Digitalisierung und Vernetzung der Daten, die während des Lebenszyklus eines Bauwerks anfallen, Vorteile für die unterschiedlichsten an dem Projekt Beteiligten bringt – sei es beim Planen, Bauen oder Betreiben des Bauwerks. Zunehmend digitale Prozesse lassen daher deutliche Produktivitätszuwächse in der Baubranche erwarten.
Trend 4 – Aktives Risikomanagement: Der sich verstärkende Klimawandel und die jüngsten Folgen der Coronavirus-Pandemie haben das Funktionieren der Risikomanage- mentsysteme von Bauunternehmen zuletzt getestet. Auch bei STRABAG sind die Überwachung und Analyse daraus identifizierter Risiken (u. a. Sachschäden an Bauwerken, Anlagen und Ausrüstungen sowie Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen für die Mitarbeitenden) Teil des Risikomanagementsystems. STRABAG stellt sich diesen ökologischen und sozialen Herausforderungen nicht nur durch eine seit 2021 bestehende Nachhaltigkeitsstrategie, sondern entwickelte gleichzeitig auch eine neue Daten- und Digitalisierungsstrategie, um das bestehende Risikomanagement weiter zu optimieren. Angesichts der Preissteigerungen bei Material und Energie, die sich durch den Krieg gegen die Ukraine noch verschärften, bewertet das Management regelmäßig die finanziellen Auswirkungen und versucht, dieses Risiko durch dezentrale Lieferketten, langfristige Beschaffung, Eigenproduktion von Baumaterialien und eine proaktive Preispolitik zu reduzieren.
Diese vier großen Trends bestimmen also die Attraktivität des Sektors. Doch warum erhält ein bestimmtes Bauunternehmen einen Auftrag? Worauf achtet die Auftraggeberschaft?
Hier gilt es, zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich zu unterscheiden: Während für die öffentliche Auftraggeberseite immer noch der Preis zum größten Teil das ausschlaggebende Kriterium ist, sucht die private Auftraggeberseite oft das beste Angebot – und dies muss nicht notwendigerweise jenes mit dem niedrigsten Preis sein. So werden z. B. die Kosten über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, also auch die des Betriebs, bzw. spielen zusätzliche Kriterien eine Rolle: Da jedes Bauwerk ein Unikat ist, muss Vertrauen in die Fähigkeiten des Bauunternehmens bestehen. Dieses Vertrauen wird u. a. durch Referenzen hergestellt. Bei Ausschreibungen werden wir daher oft nach vergleichbaren Projekten gefragt, die wir in der Vergangenheit erfolgreich realisiert haben. Ebenso wichtig sind die Erfahrung und das Knowhow des Personals des anbietenden Bauunternehmens, die technischen und langfristig umweltschonenden Charakteristika seines Angebots bzw. die innovativen Lösungen, die der Auftraggeberschaft über den Lebenszyklus eines Bauwerks Zeit und Geld ersparen, sowie professionelle und nachvollziehbare Prozesse der Ausführung des Bauauftrags.
In einigen Teilen des öffentlichen Bereichs beginnt das Bestbieterprinzip Fuß zu fassen. Demnach soll bei öffentlichen Vergaben nicht automatisch das Unternehmen mit dem billigsten Angebot den Zuschlag erhalten, sondern es sollen auch soziale, umweltbezogene und nachhaltige Kriterien zum Tragen kommen. Auch der STRABAG Konzern unterstützt diese Forderung etwa von Gewerkschaften, Umweltorganisationen und zunehmend Investmenthäusern. Denn das Bestbieterprinzip kommt die Bevölkerung und die Volkswirtschaft in Gesamtbetrachtung letztlich günstiger als die Auswahl des nur auf den ersten Blick günstigsten Angebots: Zum einen sichert es lokale Arbeitsplätze. Zum anderen müssen auch die Kosten eines Bauwerks nach der Bauphase betrachtet werden – die besten Angebote beziehen diese in die Kalkulation mit ein, sodass die Kosten des Bauwerks über seinen gesamten Lebenszyklus minimiert werden.
Nachdem jedes Bauwerk für sich einzigartig ist, lassen sich im Baugeschäft im Gegensatz zu Industrien mit standardisierten Produkten keine Sensitivitätsanalysen durchführen, in denen die Reaktion der Kennzahlen eines Unternehmens auf die Veränderung eines dominanten Produktionsfaktors dargestellt wird. Unser Geschäft bestimmt nicht nur ein einzelner Treiber. Vielmehr werden die Margen von mehreren Faktoren beeinflusst. Zu berücksichtigen sind unternehmensinterne Gegebenheiten, z. B. das Risikomanagementsystem oder die Qualität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie externe Treiber wie das Wirtschaftswachstum (BIP), demografische Tendenzen – sie wirken sich ebenso auf die Verfügbarkeit qualifizierten Personals aus wie auf den Bedarf an Infrastruktur –, die Höhe der öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur – ein in den Bau investierter Euro zieht Nachfrage in anderen Sektoren nach sich, sodass sich die positiven Auswirkungen auf die Produktion und die Beschäftigung multiplizieren – und das Finanzierungsumfeld unserer Auftraggeberschaft.
Auf der Website veröffentlicht am 08.05.2023 – Zuletzt publiziert am 06.08.2024 13:54:47